Neben der Spur

Newsletter aus Kreta 2024

Der Sinneswandel ist nicht so sehr ein gedanklicher Sprung
als ein tatsächlicher.
Man muss wagen … beherzt zu handeln,
ohne absolute Sicherheit zu haben.

(Wiliam S. Coffin)

„Neben der Spur“ – so lautete die Überschrift unserer diesjährigen Kreta-Reise

und das lässt mehrere Sichtweisen zu:

Neben der Spur fühlten sich viele TeilnehmerInnen des diesjährigen Kreta Intensive Seminars bei ihrer Ankunft im Seminarzentrum.

Dies sind die Themen, die mitgebracht wurden von daheim und aus dem Lebensalltag, und ich denke, sie stehen exemplarisch für viele von uns.

Wir hören nicht mehr auf unser Herz und sagen nicht die Wahrheit. Wir werden unehrlich. Wir geben den praktischen Dingen unseres Lebens mehr Gewicht als persönlichem Austausch.
Wir leben in einem Zustand verringerter Lebensenergie, machen faule Kompromisse, um Liebe und Anerkennung zu erhalten.
Wir geben unverzichtbare Aspekte unseres Lebens auf, um jemand anderem zu gefallen.
Wir haben keinen Sex mehr oder wollen uns nicht damit auseinandersetzen, warum wir uns sexuell unerfüllt fühlen.
Wir bleiben (sprachlos) bei unserem/r PartnerIn, und ignorieren den Schmerz und die Enttäuschung, die er/sie in uns auslösen. So sammelt sich Vieles in uns an, aber wir bleiben passiv und verschieben Konfrontationen und Auseinandersetzungen immer wieder auf später – und verschließen immer mehr unser Herz.
Dann wird auch die Partnerschaft allmählich kühl und oberflächlich, bis sie schließlich abstirbt.
Unsere Angst vor Disharmonie ist so groß, dass wir alle möglichen Ausreden finden, nur um nichts tun oder sagen zu müssen, was die Harmonie gefährdet.

Aus dem horizontalen in das vertikale Leben

Wir haben diese Art zu leben auf Kreta „horizontal leben“ genannt – wir bleiben dicht an der Oberfläche unseres Lebens und vermeiden die Tiefe.
Uns fehlt Vertrauen ins Leben UND in uns selbst.

Diese horizontale Lebensweise schleicht sich meistens sehr subtil und unbemerkt ein.
Unser Bedürfnis nach Sicherheit und Harmonie führt uns geradewegs zu einem Lebensstil, in dem Widerstand gegen Veränderung unser eigenes Verhalten bestimmt und
Lebendigkeit, Ehrlichkeit und Risikobereitschaft aus Angst ausgeklammert werden.
So fühlt sich das eigene Leben oft verstaubt, trocken und abgestanden an – und lässt uns leicht in Resignation, Burn-Out oder Depressionen verfallen.

Direkt am 1. Tag haben wir begonnen, nach Wegen zu suchen, die uns helfen können, aus dieser Art des Lebens auszusteigen und die uns nachhaltig unterstützen, nicht wieder abzurutschen.

Dafür haben wir neben der Spur gesucht.
Neben den Wegen, die wir in unserem Alltag immer wieder einschlagen und die viel breiter und bequemer erscheinen.

Auf Kreta, in der Abgeschiedenheit und jenseits unserer vertrauten Lebensmuster, fällt es leichter, auch mal neben die eigene Spur zu schauen.
In der Gemeinschaft gleichgesinnter Suchender gelingt es eher Rechenschaft abzulegen über das bisherige gelebte Leben.
Wir können ehrlicher und mit etwas mehr Risikobereitschaft auf uns schauen, um uns selbst die notwendigen Fragen zu stellen.
Um uns zu verabschieden von dem, was wir waren und um das in die Welt zu bringen, was wir noch werden können.

Hierfür gab es in den Tagen des Kretaseminars zahlreiche und auch sehr vielfältige Möglichkeiten und Angebote:

Gemeinsame Meditationen am Morgen auf der großen Terrasse oder abends am Meer; Breathwork und Aufstellungsarbeit; angeleitete „Übungen“ und kleine Abenteuer, alleine oder mit anderen aus der Gruppe;
Zeiten, in denen du dich selbst am Meer oder an anderen Orten der Insel ausprobieren konntest; Einzelgespräche, in denen der Fokus ganz bei dir und deinen Themen lag; Ausflüge mit der ganzen Gruppe und natürlich auch die vielen gemeinsamen Mahlzeiten in der Geborgenheit unseres Olivenhains, aber auch immer mal wieder „draußen im Leben“.

Wir haben schnell festgestellt was geschieht, wenn wir Ehrlichkeit und etwas mehr Risikobereitschaft in unser Leben lassen.
Wenn wir beginnen mehr im Einklang mit dem zu leben, was IST, statt dagegen anzukämpfen.

Hier war natürlich die Unterstützung der Gruppe untereinander und manchmal auch die „von vorne“ ungemein förderlich, um erste Schritte raus aus den alten Gewohnheiten zu wagen – aber dafür waren wir ja auch nach Kreta gekommen.
Diese Art das Leben zu leben, haben wir als „vertikal leben“ bezeichnet.

Unsere Leidenschaft für die Wahrheit und für ein wirklich lebendiges Leben wurden in uns wach.
Wir entschieden uns für mehr Tiefe und damit veränderten wir uns.

Wir ließen Veränderungen nicht nur zu, wir begrüßten sie. Wir wurden aufrichtiger und versteckten uns nicht mehr. Wir machten weniger Kompromisse und folgten eher unserem Herzen und unserer Intuition.

Darüber begann wieder mehr Energie durch uns zu fließen – und wir haben es alle spüren dürfen in diesen besonderen KretaTagen.

Mehr Freude, mehr Würde, mehr Vertrauen in uns selbst und in das Leben

Das Kretaseminar selbst ist der beste Beweis dafür, dass die Existenz uns unterstützt, wenn wir erst einmal einen Schritt in Richtung „vertikal leben“ getan haben.

Solange wir „horizontal leben“ blockiert unsere Angst den Fluss unserer Lebensenergie. Und unsere Ängste sagen uns, es sei nicht möglich, unseren Herzenswünschen zu folgen.

Aber alle TeilnehmmerInnen des diesjährigen Kretaseminars haben sich schon allein durch ihre Reise nach Kreta und zum Seminar dafür entschieden, vertikal zu leben – manche vielleicht eher noch unbewusst.
Dennoch, die mitgebrachte Bereitschaft durch Ängste hindurchzugehen, Risiken einzugehen und der eigenen Intuition mehr Vertrauen zu schenken, haben für alle diese äußere Reise im Südwesten Kretas zu einer „Second Journey“ werden lassen.

Second Journeys – zweite Reisen – beginnen häufig in der Mitte unseres Lebens, wenn unsere körperliche Kraft nachlässt.
Oder wenn unsere Träume für unser Leben immer mehr verblassen, nicht umsetzbar scheinen, das Leben im Außen immer sinnloser zu werden scheint.

Eine „zweite Reise“ ist im Grunde eine Pilgerreise, die wir antreten, um unseren eigenen Wert zu finden, jenseits der gesellschaftlichen Definitionen – eben unser echtes Leben neben der vorgegebenen Spur.

Wir beginnen sie, wenn wir erkennen, dass es etwas Größeres gibt, etwas, das mehr Sinn spendet, als das zuvor gewesene.
Wenn wir erkennen, dass wir an unserem eigenen Leben teilhaben wollen und nicht Opfer unserer bisherigen Erfahrungen bleiben wollen.
Wenn wir die Stagnation in unserem bisherigen Leben beenden wollen, um generativer zu werden und letztlich unser Leben wieder frisch zu beginnen.

Um diese Erfahrungen machen zu können, ist es notwendig, sich für eine Zeit von Vertrautem abzuwenden und wegzugehen – um anschließend neu an alte Orte zurückkehren zu können.

Und genau dafür waren all die wunderbar neugierigen und mutigen Menschen dieses Jahr nach Kreta gekommen.

Es gibt für diese „zweite Reise“ eine ungefähre Reisroute, die wir so, oder ganz ähnlich, miteinander gegangen sind

  • Sie beginnt in jedem Leben immer mit einem ungelösten Konflikt, einer schlechten Diagnose, einem Übergang oder persönlichem Scheitern.
    Dadurch wird eine Veränderung unausweichlich und häufig machst du eine Gefühlskrise durch. Du fühlst dich vom Leben „angehalten“, und nach einigen inneren und äußeren Kämpfen suchst du erst einmal nach einer Auszeit.

Genau an diesem Punkt haben wir uns auf Kreta getroffen.
Wir haben gemeinsam innegehalten und uns in der Einstiegsrunde bewusst und ehrlich ausgetauscht, Bestandsaufnahme gemacht und nach neuen, echteren Perspektiven für unser Leben geschaut.

  • Darauf folgt eine Zeit der Veränderung.
    Dieses Stück vom Weg ist schwer alleine zu stemmen. Häufig ist es dafür notwendig, alte Werte, Denkmuster, Glaubenssätze und Gewohnheiten in Frage zu stellen.
    Das Ende mancher Illusion, die Umkehr einstiger ideale, ist erst einmal schwer auszuhalten und es ist gut, sich für diesen Wegabschnitt Unterstützung zu holen.

Die folgenden Seminartage haben uns neue Wege aufgezeigt.
Wir begannen ein Gespür dafür zu entwickeln, was sich echt und authentisch für uns anfühlt.
In der Gemeinschaft der Gruppe entstanden hier wunderbare „Reisegemeinschaften“, und auch die ein oder andere „Einzelsession“ war hilfreich, um dranzubleiben und jetzt nicht wieder aus Angst in die alte Spur zu springen.

  • Manchmal kommt in dieser Zeit auch das Gefühl auf, ganz alleine zu reisen. Du fühlst dich von Allen unverstanden, die Route, die du gehst, scheint nirgends verzeichnet.
    Dieser Abschnitt ist für deine Reise unverzichtbar.
    Erst in dieser Einsamkeit kannst du dich wirklich tiefer spüren und unverstellt erkunden.

Schön, wenn es da Menschen um uns herum gab, die einen ganz ähnlichen Prozess durchmachten.

Und wie gut, dass auch für diesen Abschnitt genügend Raum in den Seminartagen vorgesehen war und wir in der Weite der uns umgebenden Natur ausreichend unterschiedliche Plätze für uns fanden.
Aber selbst jetzt umgab uns auch der Schutz und die Geborgenheit des Seminarzentrums, die Sicherheit des Wissens um die Möglichkeit direkter Begleitung und eine gleichbleibende Struktur im Tagesablauf, die ein Anker in manchem „Meer der Einsamkeit“ war.

  • Am Ende dieser „zweiten Reise“ steht dann die Zurückgewinnung deines inneren Gleichgewichts und das Entdecken eines Weges, der dich näher an deine neue Ausrichtung führt und dich endlich in dir zu Hause fühlen lässt.

Wir haben in den 11 Tage viel miteinander entdecken dürfen – manchmal alleine und manchmal in der Gemeinschaft.
Und dies sowohl in den Zeiten der Seminararbeit, als auch in den Pausen und in den freien Zeiten – Erkenntnis und Entwicklung kam in vielen verschiedenen Formen und Erfahrungen daher.
Selbst noch ganz am Schluss beim Knüpfen unserer „Erinnerungsarmbändchen“

Oft war es wichtig ganz wach und bewusst zu bleiben, und gleichzeitig war es auch „Urlaub“ – vielleicht nur ein bisschen anders, als gewohnt, aber dennoch eine Auszeit vom gewohnten Alltag mit der Möglichkeit, uns in kleinen Risiken und Abenteuern neu auszuprobieren.

Und somit haben wir viele Momente auf dieser Reise erlebt, die uns verändern konnten und uns zurück zu unseren Ursprüngen geführt haben.

  • Wir haben uns tiefer und echter kennengelernt und damit viel Wissen über uns selbst erworben.
  • Wir haben uns von den Menschen und vom Leben berühren lassen und darüber einen Teil unserer Prioritäten geändert.
  • Wir haben wieder mehr inneres Gleichgewicht gewonnen und uns in unserem neuen Selbst niedergelassen.

Wir haben gelernt, wieder neben uns herzugehen.

 Unsere „zweite Reise“ auf Kreta ist nach 12 Tagen zu Ende gegangen, aber eine neue Zeit tut sich dadurch für jede/n von uns auf.
Das Ende ist immer auch ein Anfang.

Ich wünsche allen, die ich als Weggefährtin begleiten durfte, dass sie den neuen, vor ihnen liegenden Kurs, willkommen heißen.
In dem Wissen, dass die Reise nie beendet sein wird.

Herzlichst,
noch aus der Sonne Kretas,
ende ich mit einem schönen, und wie ich finde sehr passenden Zitat
von May Sarton,

Brigitte

Es war Zeit, in mein wahres Leben zurückzukehren.
Nach dieser Reise auf eine namenlose Insel,
wo ich mich bei Sonnenuntergang,
trunken vor Licht,
niederlegte.

Vertikal in der Partnerschaft

Um in der Lage zu sein auch in unserer Beziehung „vertikal zu leben“, also auf einer tieferen Ebene der Intimität miteinander zu kommunizieren, sollten wir uns auch mit all den Dingen auseinandersetzen, die wir an unserer Partnerschaft nicht mögen.
Auch hier neigen wir aus Gründen der Bequemlichkeit und aus Angst vor Konflikten & Disharmonie dazu, sie eher zu ignorieren.
So sammeln sie sich an.
Konfrontationen schieben wir lieber auf später und werden so in unserer Partnerschaft immer schneller passiv.
Ein freundlicher Umgang miteinander ist schön, aber wann ist Zeit dafür, über unsere Frustrationen, Enttäuschungen und unseren Schmerz zu sprechen?

Aus diesem Grund habe ich das Format „begleiteter Beziehungsurlaub“ in unserer gerade fertiggestellten Ubuntulodge entwickelt.

Zeit für Paare, sich darin zu üben, mehr Ehrlichkeit und damit Tiefe in ihre Partnerschaft  einzuladen –  um auch hier „vertikal zu leben“.

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